Beim Neuwagenkauf ist eine Ersatzlieferung unmöglich, wenn zwischenzeitlich ein Modellwechsel stattgefunden hat und das neue Modell mit einer anderen Motorisierung ausgestattet ist.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in seinen Beschlüssen vom 02.08. und 20.09.2017 (Az. 6 U 5/17) hat sich das OLG Bamberg mit der Frage befasst, ob eine Ersatzlieferung eines mit einem Abgassachmangel versehenen VW Tiguan der 1. Generation unmöglich ist, wenn der entsprechende Fahrzeugtyp inzwischen nicht mehr hergestellt wird und durch ein neues Modell mit einer anderen Motorisierung ersetzt worden ist. Fahrzeuge der 2. Generation weisen mit einem 6-Gang-Getriebe eine Motorisierung von 110 kW (150 PS) statt 103 kW (140 PS) auf. Die vom Hersteller angegebene Höchstgeschwindigkeit beträgt 202-204 km/h statt 182-193 km/h. Außerdem sind Modelle der 2. Generation 6 cm länger und der Radstand ist 8 cm breiter als beim Vorgängermodell.
Ebenso wie die Vorinstanz, das LG Bayreuth, entschied das OLG Bamberg, dass eine Ersatzlieferung in diesem Fall wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen ist und wies die Berufung des Käufers zurück. In seiner Begründung wies das OLG zunächst darauf hin, dass es – entsprechend der herrschenden Meinung – davon ausgeht, dass eine Ersatzlieferung grundsätzlich auch bei einem Stückkauf möglich ist, wenn eine gleichartige und gleichwertige Sache beschafft werden kann. Da Fahrzeuge der vom Käufer erworbenen 1. Generation der Marke Tiguan nicht mehr hergestellt werden und Fahrzeuge der 2. Generation wegen der o.g. Unterschiede nicht nur marginale Änderungen aufweisen, handelt es sich bei Fahrzeugen der 2. Tiguan-Generation nach Ansicht des OLG Bamberg allerdings nicht um gleichartige und gleichwertige Fahrzeuge, so dass eine Ersatzlieferung ausgeschlossen war.
Dies begründete das Gericht unter Berufung auf die BGH-Rechtsprechung zur Nacherfüllungspflicht aus dem Jahr 2012 damit, dass es sich bei dem Nacherfüllungsanspruch – zu dem auch eine Ersatzlieferung zählt – um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs handelt. Beide Ansprüche würden sich hinsichtlich der vom Verkäufer geschuldeten Leistungen decken. Anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache sei nunmehr lediglich eine mangelfreie – im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige – Sache zu liefern; nicht weniger, aber auch nicht mehr, da mit der Nacherfüllung (hier: Ersatzlieferung) lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Käuferpflichten erfolgen soll. Der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat.
Nach Ansicht des OLG Bamberg ist nach diesen Grundsätzen im Fall des Neuwagenkaufs zwar keine absolute Identität im Hinblick auf alle Ausstattungsvarianten erforderlich, eine Nacherfüllung in Form einer Ersatzlieferung aber dann unmöglich, wenn der entsprechende Fahrzeugtyp nicht mehr hergestellt wird, sondern durch ein neues Modell mit einer anderen Motorisierung ersetzt worden ist.
Gegen die Entscheidung des OLG Bamberg wurde inzwischen Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt (Az. VIII ZR 225/17). Sofern der BGH diese annimmt und über den Rechtsstreit entscheidet, werden wir über das Ergebnis informieren.
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